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Das Herz heilen

Teisho - Zen-Meister Hinnerk Polenski
Vortrag auf dem Yin-Zen-Seminar Mut fassen, den Weg des Herzens zu gehen - November 2016

 

Das Herz heilen

Ein alter japanischer Rezitationstext sagt: Gier, Hass und Verblendung sind die Ursachen unser fort- und fortwirkenden Taten. Sie treten hervor als Geschöpfe des Leibes, des Mundes und der Gesinnung. Tiefe Einsicht durchdringt jetzt unser Wesen.

Aus alter Zeit heraus, aus dem System des Überlebens in dem wir sehr, sehr schnell zwischen gefährlich und fördernd unterscheiden mussten, z.B. bei der Jagd, oder beim Beeren sammeln, giftige Beeren oder nicht giftige Beeren, wichtig, haben wir mitgenommen, dass wir relativ schnell, sofort, wenn irgendetwas passiert, dass es im Außen. Wir geben dem Außen eine Wertung und in dieser Wertung unterscheiden wir zwischen gut und schlecht. Diese Wertung von gut und schlecht, böse und lieb gibt es im Zen so nicht. Es ist aber auch nicht so, dass es keine Wertung gibt, sondern es ist eine Umwertung von böse, gut, schlecht und wunderbar in heilsam und unheilsam.

Wenn ich bei mir bin, erkenne ich, dass die Welt um mich herum die Farben hat, die ich ihr gebe. Wir kennen es doch alle. Wir wachen morgens auf und wir kriegen eine wahnsinnig gute Nachricht. Dann gehen wir in den Tag hinein, vielleicht in unseren Beruf und wir sind vollkommen begeistert, wir erzählen es allen Menschen, wir könnten die Welt umarmen. Wir geben vielleicht einen aus, wir nehmen vielleicht jemanden Arbeit ab. Wir sind verständnisvoll, wir sind generös und wir sind einfach wunderbar. Das ist vollkommen unabhängig von den Menschen um uns herum. Die können ja gar nichts für.

Umgekehrt ist es so. Wir wachen morgens auf und es geht mit Gezicke los. Was auch immer und wer auch immer. Manchmal auch nur in unserem eigenen Kopf. Und dann latschen wir los und jeder ist ein Arsch. „Ey, hier bei rot fahren? Bist du bescheuert?“ Und so gehen wir und begegnen den Menschen. Wir sind hart, knapp, kurz, verletzt, fühlen uns nicht gesehen und kontaminieren die ganze Umgebung. Und auch dafür kann keine Sau was.

Natürlich gibt es Ereignisse, die unmittelbar direkt von außen kommen. Wie zum Beispiel ein Meteoriteneinschlag… oder ein Irrer auf der Straße oder ein Ninja fällt vom Dach. Überraschende Situationen! Aber die meisten Dinge in unserem Leben, die wir in dieses System „Der ist gut! Der ist schlecht!“, „Das ist gut! Das ist schlecht!“ oder „Ich fühl mich schlecht!“ oder „Ich fühl mich gut!“ hineintun, bekommen diese Farbe aus dem Leuchten aus uns selbst heraus. Wir selber leuchten in einer bestimmten Dimension. Und dieses Leuchten ist unser Herz. Nur - das Herz der meisten Menschen ist verletzt.

Wir verlieben uns mit siebzehn, das erste Mal unsterblich. Und es geht so dermaßen in die Hose, dass ich mich nie wieder verliebe. So: Ab jetzt bin ich nur noch Single und nur noch so. Das ist traurig, oder? Da lernen wir etwas, was mit der nächsten Person, die uns begegnet, überhaupt nichts zu tun hat - gar nichts. Wir sind es! Wir haben aufgrund einer durchaus tragischen Situation eine Verletzung, und diese Verletzung zwingt uns z.B., alle Frauen so zu sehen. Auf einmal sehen wir nur noch Frauen auf High Heels, oder? Oder das Gegenteil. Alle sind böse und ungerecht. Ich fühle mich nicht gesehen von der ganzen Welt.

Das ist die Farbe des verletzten Herzens. Das Problem unserer Zeit ist, dass in dieser wunderbaren, (das soll ich als Zen-Meister nicht sagen, tue ich trotzdem) in dieser Zeit der offenen Gesellschaft, einer guten Gesellschaft, immer mehr Könige und Königinnen auftauchen, die echt einen an der Waffel haben. Und warum? Sind die böse? Nein, die sind nicht böse. Die haben ein schwer verletztes Herz und sind deshalb einfach nur verletzte Menschen, die auf jeden Fall gar nicht andere führen sollten, sondern heilen.

Das Heilsame ist das Entscheidende. Was können wir jetzt tun? Die Welt draußen. Da sind wir wieder in der alten Geschichte. Was können wir tun? Es ist unsere Welt. Und Zen bedeutet nicht, dass ich jetzt die Farbe verändere und die rosarote Brille aufsetze. WOW, alles happy. Very nice! Ja?! Kommt vor, wenn man viel Zen macht.

Aber Zen ist ACTION, Zen ist Handeln in der Welt.

Wie heile ich mein Herz? Herz und Mut sind zusammen. Bei den Alten hieß es „beherzt“, das war Mut. Dass Liebe und Herz zusammen gehören, brauche ich nicht erklären. Aber Frieden - Frieden und Herz gehören zusammen.

Frieden und Herz sind der Eingang. Und es gibt spirituelle Möglichkeiten sein Herz zu befreien. Warum denn spirituell? Weil spirituell ein Wort ist, das kommt von „Spiritus Sanctus“. Es ist ein europäisches Wort: Heiliger Geist. Gut nicht? Heiliger Geist. Es meint nur im Zen die absolute, kompromisslose Erforschung von dem, was wir in der Essenz sind. Und in dieser Essenz löst sich alles Leiden auf. Das ist die Botschaft von Shakyamuni Buddha.

Wem im Zazen nur ein einmaliger Sitz sich vollendet, dem löst sich alles Karma auf, alles Leiden auf, angehäuft in zahllosen Leben. So heißt es im Hakuin Zenji Zazen Wasan.

Die Dimension der Dhyani Buddhas ist eine Möglichkeit neben anderen. Aber eine sehr effektive, und besonders für Menschen, die am Anfang des Weges stehen. Sein Herz zu heilen, weil es diese Differenzierung vornimmt, nämlich detailliert eingehen kann auf unterschiedliche unheilsame Keime, Bijams genannt, wie Gier, Aggression, Hass, Unvollständigkeit, nicht gesehen werden, Friedlosigkeit, Getrieben sein, usw., und in einem heilsamen Weg, Stück für Stück, diese Dimension auflöst. Natürlich machen wir hier nicht Zauberei. So, ihr kommt her, alles super. Da arbeite ich dran. Aber wir sind noch nicht soweit.

Dieser Weg ist ein Weg. Und dieser Weg hat drei Teile. Und der wichtigste Teil seid ihr selber und euer Zazen. Euer tägliches Sitzen mit der richtigen Übung, und wenn ihr wollt, einer Initiation eines heilenden Dhyani Buddhas.

Der zweite Aspekt ist, dass ich mir zutraue, dass es Weisheit in mir selber gibt. Das ist die Arbeit mit dem Meister und mit fortgeschritten Schülern, um zu schauen, dieses Licht für einen Moment in mir zum Aufleuchten zu bringen. Und Zen bedeutet, wenn das Licht in euch aufleuchtet, ist es euer. Ihr braucht keinen Guru. Unabhängigkeit, Freiheit in euch selber.

Und Sangha, der dritte Aspekt, ist mit Freunden zusammen, die ähnliche Aspekte, Dimension, Herausforderung haben, zusammen einen Weg zu gehen.

Buddha, Dharma, Sangha ist die dreifache Zufluchtnahme. Der Weg der Schülerschaft mit sich selbst. Der Beginn eines Weges, der zunächst nichts weiter bedeutet als: Ich habe mich dazu entschlossen, diesen Weg für mich zu gehen. Ich gehe meinen Weg. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Der Weg ist das entscheidende im Zen. Nicht das Ziel.

Die Arbeit mit den Dhyani Buddhas ist, dass ich in Stille komme und dazu brauche ich eine Übung. Das ist das erste Anliegen. Daraus entsteht eine zweite Übung, die den unheilsamen Aspekt in uns betrachtet, beispielsweise „Ich neige zu einer hohen Aggression.“ Wie sagte Prof. Altenhof: Frauen, die Probleme haben, kriegen Depressionen und kommen zu mir. (Er ist Psychiater.) Und Männer, wenn die Probleme haben, die gehen in Knast. Ein bisschen schwarz/weiß. Ich will damit sagen, Aggression hat zwei Dimensionen: ich kann rausgehen und „eh, du hast hier … und hier … und blabla“ oder „oh, ich bin … ich werde das nie schaffen … blöder Idiot, wie kannst du nur.“ Das ist nicht schön, wenn ihr so mit euch redet. Es ist genauso unschön, wenn ihr mit anderen so redet. Manchmal kommt es vor. Ok. Aber darum geht es nicht, dass das manchmal passiert. Sondern, ob es eine Dauerfrequenz in euch ist, von Aggression. Aggression ist Trennung, immer. Ich trenne mich von allem. Ich werde kleiner.

Zum Beispiel diese Dimension von Aggression, ich habe das als Beispiel einmal genommen, weil Akshobhya, der Buddha des Friedens, der Eingang ist, eine Dimension von Selbst-, Auto-Aggression oder eine Dimension von Aggro nach außen. Aggro an sich ist noch nicht so schlimm. Power! Nur was machen wir damit? In dem Moment, wie es nach außen geht zu jemand anderen, ein Bild, entsteht eine Zwanghaftigkeit. Da müssen wir ansetzen.

Es geht also erstmal nicht darum, dass alle Gefühle sich umwandeln und wir sind heilig. Sondern es geht darum, dass die Zwanghaftigkeit, die sich aus einer Emotion entwickelt, als ein Dauerprogramm in uns, in eine Heilung kommt. Und diese Emotion umgewandelt wird in eine Kraft, die dazu führt, dass ihr frei werdet.

Und erstmal ist es eine Freiheit des Herzens. Es ist wie der offene, weite Raum. Wo kann es da etwas geben von richtig, falsch, böse, schlecht. Erstmal seid ihr nur dieser unendliche Raum. Und ein leuchtendes Herz mitten drin. Und das ist erstmal Frieden.

Ruhe, Stille, Frieden, Helligkeit.

So grenzenlos wie der Himmel, soll mein Mitgefühl mit mir selber sein.

Friedvoll wie der weite Himmel.

In diesem Beispiel wird die grobe Kraft von Aggression, die sich auf äußere Objekte richtet, zu einer feineren Kraft. Es ist am Anfang schwer verständlich. Wie kann es sein im Zen? Wir gehen in einen Zustand von Frieden ohne Trötchen-Tralalala. Es bleibt Power. Es ist eine tiefe, feine Kraft, die erstmal unseren ganzen Körper durchflutet. Sich verteilt und vor allem die anderen Kräfte in unserem Körper harmonisiert. Frieden ist nicht nur im Geist, sondern auch auf der Ebene der Lebensenergie, genauso wie auf der Ebene des Körpers. Das ist unser Ausgangspunkt. Das ist der erste Dhyani Buddha Akshobhya. Deshalb beginnt er mit Körper und mit Frieden im Herzen.

Es ist die Voraussetzung, diese Unruhe ein wenig feiner zu machen, um den Raum zu schaffen zunächst für Güte mit uns selbst. Dann kann eine tiefe, weise Güte für andere entstehen. Aber erstmal sind wir die Quelle.

Wasser ist dann das Element des Friedens. Ein weibliches Element. Sehr weiblich. Aber der Körper ist der Schlüssel. Die Übung ist erstmal das Stillhalten des Körpers, um ihn wahrzunehmen und nicht auszuweichen.

Akshobhya!

Wie schön, dass es regnet! Ein bisschen Schnee dabei.

Wasser. Frieden. Körper. Erde. Ankommen.

 

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